Hallo zusammen, heut komme ich wohl mal dazu, das schon in einem anderen Thread erwähnte Rezept für "Springbrötchen" zurecht zu wuseln.
"Springbrötchen" gibt es wohl nur in meiner Heimatstadt Osnabrück, jedenfalls ist mir nirgends andernorts so'n Gebäck begegnet, auch in allen möglichen Back- und Kochforen wird immer wieder auf die Hasestadt verwiesen (durch Osnabrück fließt der Fluss "Hase", und es ist "die Hase", nicht der Hase ;-). Doch es gibt durchaus auch anderenorts zumindest ähnliche Gebäcke, z.B. in den Niederlanden (zumindest in der Gegend um Enschede und Hengelo) das sogenannte "Tigerbrot", und letztens ist mir auch ein ähnliches Rezept aus Rumänien über den Weg gelaufen, allerdings mit Reismehl.
Springbrötchen bestehen normalerweise aus einer Mischung von Weizen- und Kartoffelmehl. Typisch für diese Brötchen ist eine Art Überzug ("Streiche") über dem normalen Brötchenkorpus. Im Laufe der Zubereitung werden die Brötchen mit 3 "Streichen" versehen; die ersten beiden werden mit einer zähflüssigen Mischung aus Weizen- und Kartoffelmehl und Wasser ausgeführt, dann kommt noch eine "Streiche" aus zerlassenem (Kokos-)Fett gemischt mit Hirschhornsalz darüber. Die letzte Streiche bewirkt, daß die Brötchen auf der Oberseite beim Backen Risse bzw. Spünge bekommen, die Brötchen "springen" auf, und daher haben sie ihren Namen. Die überschüssige Mehl-Wasser-Masse der ersten beiden Streiche bildet um die Brötchen auf dem Backblech einen nach dem Backen sehr knusprigen Rand, der als "Fuß" bezeichnet wird. Seit einigen Jahren bekommt man in Osnabrück allerdings kaum noch Springbrötchen mit eben diesem knusprigen "Fuß", sie werden mittlerweile doch wohl in Großbäckereien etwas anders hergestellt.
Und eben das Fehlen dieses "Fußes" bei den bei uns in der Gegend erhältlichen Springbrötchen war dann seinerzeit der Anlass, daß meinereiner sich daran versucht hat- die ersten Experimente waren allerdings ernüchternd, weil ich keinerlei Erfahrung mit Brötchen oder anderen frei geformten Broten hatte, nur mit Backmischungen, die in der Kastenform gebacken werden. Da spielt es kaum 'ne Rolle, welche Konsistenz der Teig hat, da wird es schon durch die Form. Das Problem bei Brötchen ist, daß erstmal der Teig eine passende Konsistenz haben muss, und zweitens muss man die Dinger auch so stabil geformt bekommen, daß sie eine gewisse Höhe bekommen, ohne auseinander zu fließen. Einfach 'ne Rolle formen und den in entsprechend große Klöße teilen, klappt insbesondere bei Springbrötchen nicht, und auch bei anderen Brötchen wird es schwierig. Nach einigen Fehlversuchen hab ich mich dann daran erinnert, daß Brötchen auf auf Englisch "Rolls" heißen, und dann hab ich's damit probiert, daß ich den Teig ausrollte, entsprechend teilte und aufrollte, und das klappte dann. Gut, inzwischen hab ich genügend Routine, um's auch anders hinzubekommen, aber in diesem Rezept gibt's denn mal nebenbei 'ne "Brötchen für Anfänger"-Anleitung, und die kann man auch z.B. für erste Versuche mit Bolo do Caco vielleicht ganz gut gebrauchen.
Die Springbrötchen sind wohl irgendwann als eine Art "Not-Brot" entstanden, da hierzulande nicht genug kleberstarker Weizen zur Verfügung stand. Andererseits gibt es aber auch Quellen, die behaupten, daß in Notzeiten alles mögliche darin verbacken wurde, z.B. auch Anteile von Sägemehl. Solche Sammelsuriumteige wurden dann wohl irgendwie zurecht geformt, und die oben genannten "Streiche" hielten das Ganze dann zusammen.
Die "normalen" Springbrötchenrezepte verwenden heute eine Mehlmischung aus Weizen- und Kartoffelmehl etwa im Verhältnis 2 zu 1. Solche Mischungen bezeichnet man wohl auch als "Keksmehl", und ein typisches Springbrötchen hat innen eine leicht krümelige Konsistenz (die heutigen Fabrikprodukte leider meistens auch nicht mehr). Okay, mein Rezept hab' ich mittlerweile etwas abgewandelt, somit sind das keine Original-Springbrötchen. Aber gutt, wenn's nicht wauzih-typisch wäre, brauchte ich das auch nicht extra zurecht schreiben, dann würde ein Link genügen.
Für meine Brötchen verwende ich zusätzlich zu den überall erhältlichen Zutaten noch ein "Brötchenbackmittel" (das heißt ganz einfach so) und Weizenkleber. Ich bestelle das immer bei backstars.de, hab' ich ganz gute Erfahrungen mit gemacht, und der Laden ist auch 'ne Fundgrube für etliche andere nützliche Dinge rund um's Backen. Noch ein Wort zu dem Weizenkleber: das ist Gluten, eben das Zeugs, wozu mittlerweile Aufdrucke "Glutenfrei" auf allen möglichen Produkten zu finden sind, was einige Leute schon wieder dazu verleitet, zu meinen, das Zeug wäre etwas Schlechtes. Gluten ist jedoch ein in vielen Getreidesorten enthaltenes Klebereiweiß, welches Teigen erst den erforderlichen Zusammenhalt ermöglicht. Lediglich für Menschen, die unter der Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) leiden ist es gefährlich, und das betrifft etwa jeden 250sten, also etwa 0,35 %. Der zusätzliche Weizenkleber verbessert jedenfalls die Formbarkeit des Teiges, und deshalb tue ich den mit rein.
Erstmal die Hefe starten: 1 Würfel Hefe zerbröseln, mit 2 TL Zucker vermischen, warm stellen und warten, bis die Hefe zerläuft.
Dann 50 ml lauwarme Milch und 1 TL Salz hinzufügen, verrühren, warm stellen und ca. 15 Minuten aufgehen lassen, am besten im Backofen bei ca. 30 Grad (viel wärmer bitte nicht, ab 40 Grad stirbt die Hefe ab).
In der Zwischenzeit die anderen Zutaten für den Teig zusammen mischen: 350 g Weizenmehl (550) 100 g Kartoffelmehl 50 g Roggenmehl 40 g Brötchenbackmittel (falls klumpig, durch ein Sieb streichen) 10 g Weizenkleber (1 leicht gehäufter Esslöffel) 2 Teelöffel Zucker 2 bis 3 TL Salz 1 TL Kurkuma 1 TL Paprika edelsüss
dazu noch 1 Würfel Palmin schmelzen, aber erst noch zur Seite stellen ebenso etwa 200 ml lauwarmes Wasser und 50 ml warme Milch
die Teigzutaten in einer Schüssel mischen, in der Mitte eine Vertiefung formen, dort die aufgegangene Hefemilch langsam hinein gießen, etwas Mehl darüber stäuben, nochmal im Warmen ~10 Minuten gehen lassen.
Und dann geht's an's Kneten, und dazu sei gesagt, daß Kneten nicht nur ein Vermengen der Zutaten ist, sondern sich während des Knetens auch die physikalischen Eigenschaften des Teiges verändern, soll heißen: je länger geknetet wird, desto besser "klebt" der Teig, hält also besser zusammen. Also erstmal die Milch und einen Teil des Wassers (~100 ml) zu den trockenen Teigzutaten schütten und alles auf mittlerer Stufe mit Knethaken durchmengen, nach ein paar Minuten das flüssige Kokosfett dazu, ebenfalls nach und nach Wasser dazu.
Zur Wassermenge ist zu sagen, daß ich mich schwer tue, da genaue Mengen zu nennen; man muss da einfach ein bißchen Fingerspitzengefühl haben, und wenn der Teig mal zu flüssig wird, einfach noch ein wenig Weizenmehl dazu tun, das schadet nicht. Der Teig sollte mindestens 15 Minuten auf mittlerer Stufe geknetet werden, bis er sich von der Wand der Schüssel löst und "ziehen" läßt
Die ideale Konsistenz wäre erreicht, wenn der ganze Klumpen am Rührhaken hängt, doch das ist vom Mischungsverhältnis zumindest für etwas unerfahrenere Hobbybäcker schwer hinzubekommen, daher sollte man die Feineinstellung von Hand besorgen.
Den gut durchgekneteten Teig auf eine reichlich bemehlte Arbeitsfläche kippen, Mehl darauf stäuben und ein Klops formen, dabei am besten von den Seiten immer neues Mehl unter die Teigmasse schieben, so daß auf der Oberseite eine gewisse Spannung entsteht
der Teig nimmt dabei immer mehr Mehl auf, die richtige Konsistenz ist erreicht, wenn der Teig an der Oberfläche beginnt, leicht zu reißen
dann den Klops in eine leicht eingemehlte Schüssel, etwas Mehl darüber stäuben, abdecken (Teller ist okay) und ab in's Warme damit, damit er aufgeht. Die Risse im Teig verschwinden dabei, ebenso verbindet sich die Teigmasse an der Unterseite des Klopses miteinander, weil die Restfeuchtigkeit die ganze Masse durchdringt. Der Teig sollte nun um mindestens das Doppelte aufgehen, wie lange das dauert, läßt sich absolut schwer sagen, so zwischen 'ner halben und ganzen Stunde, je nach Temperatur, Feuchtigkeit usw.
In der Zwischenzeit werden dann die Zutaten für die beiden verschiedenen "Streiche" vorbereitet: in einer Schüssel je 6 bis 8 gehäufte Esslöffel Weizenmehl und Kartoffelmehl mit 1 TL Zucker mischen, 1/2 Würfel Hefe hinein bröseln, lauwarmes Wasser dazu geben und mit einem Schneebesen verrühren. Die Wassermenge hab ich leider mal wieder nicht parat, aber einfach soviel Wasser hinein, daß man eine Flüssigkeit von etwa der Konsistenz von flüssiger Sahne oder Kondensmilch erhält, leicht zähflüssig halt. Auch hier dann 'nen Teller drauf und bei Raumtemperatur gehen lassen. (nbb. im Original kommt keine Hefe in diese Masse hinein; ich mache das, um aus der "Streiche" eine lockere Kruste zu bekommen, an der man sich nicht die Zähne ausbeißt ;-) Dann einen Würfel Palmin zerlassen, in einer Glas- oder Porzellanschüssel mit ca. 2 TL Hirschhornsalz verrühren. (dazu als Tipp: Hirschhornsalz ist außerhalb der Weihnachtszeit oft garnicht mal so vorrätig in den Supermärkten, im Bioladen wird jedoch meist fündig).
das Salz löst sich übrigens nicht in dem Fett auf, es sollte nur ein wenig darin verteilt sein.
so ungefähr 4 bis 5 mm dick, dann mit dem Teigschaber in etwa 3 bis 5 cm breite Streifen teilen, die so ca. 12 bis 15 cm lang sein sollten
und locker aufrollen, dabei immer mit dem Teigschaber ein wenig von der Arbeitsfläche nachhelfen, wobei man von dort immer ein wenig Mehl unterschieben sollte
dann an den Ecken leicht zusammendrücken, so daß man ein kleines Päckchen erhält
und die Ecken des Päckchens vorsichtig aber fest nach unten ziehen und dort zusammendrücken
von unten schaut das Päckchen dann so aus
und mit dieser Unterseite auf das Backpapier legen
Diese Teiglinge haben dann so ungefähr die Größe einer Aprikose (oder etwas größer)
wegen der dann folgenden Streiche sollte man großzügig Platz zwischen den Teiglingen lassen, so 5 bis 6 Stück passen auf ein normales Backblech
Mit der inzwischen aufgegangenen Mehlstreiche
werden die Teigklopse dann erstmal bepinselt
danach läßt man sie dann erstmal weiter aufgehen, wobei die ganzen Bleche natürlich nicht alle im Backofen Platz haben. Ich mache es so, daß ich einen kleinen Abstellraum kurz mit einem Heizlüfter auf ~25 Grad aufheize, da drin bleiben sie dann ca. 20 Minuten, bei Zimmertemperatur dauert's ein bißchen länger.
Wenn die erste Streiche dann etwas angetrocknet ist (der Glanz der Oberfläche läßt dann nach) kommt die zweite Mehlstreiche drauf
diese auch ein wenig um die Teigklopse auf dem Backpapier verteilen, das gibt dann später den (zumindest bei uns) so beliebten knusprigen "Fuß", dabei beachten, daß sich die Klopse noch weiter ausdehnen. Wieder im warmen Raum ca. 15 bis 20 Minuten gehen lassen, dann kommt die Fettstreiche mit dem Hirschhornsalz drauf
diese eher träufeln und gaaanz leicht mit dem Pinsel verteilen. Um eine stärkere Rissbildung zu erreichen, streue ich dann noch leicht kreuzweise etwas Hirschhornsalz darüber. Das Zeugs ist garnicht so intensiv salzig, wie es sein Name vermuten liesse, die fertigen Brötchen schmecken zwar gaaanz leicht salzig, aber längst nicht so stark wie Laugengebäck.
Danach nochmal so ~15 bis 20 Minuten gehen lassen, die Fettstreiche wird in dieser Zeit leicht fest. So schauen sie dann aus, bevor sie in den Backofen kommen
Aber vorher natürlich schon anfangen, den Backofen hochzuheizen. Brötchen -und auch Brot- brauchen 'ne relativ hohe Temperatur, damit sich die im Teig enthaltene Feuchtigkeit in den von der Hefe geschaffenen Hohlräumen ausdehnen kann und die Teigwände dieser Hohlräume auch schnell stabil werden, sonst würden sie wieder zusammenfallen. Unser Backofen schafft 300 Grad, die brauche ich aber nicht, 250 reicht aus, für die meisten Backöfen bedeutet das aber "Vollgas" auf 225 Grad, damit geht's auch. Für jeden Backgang dann auch einen geeigneten Behälter (Bräter o.ä.) etwa 1 cm hoch mit Wasser füllen, unten in den Backofen schieben und warten, bis das Wasser gut kocht und sich im Backofen Schwasen bilden
und dann schnell hinein mit den Brötchen, dabei bitte Grillhandschuhe o.ä. tragen, weil die heiße verschwaste Luft doch auch der eigenen Pelle gefährlich werden kann, und auch Vorsicht mit dem Gesicht.
Nach 5 Minuten Backzeit den Bräter mit dem kochenden Wasser herausnehmen, bei offener Tür die Umlauft des Backofens einschalten und den heißen Wasserdampf kurz hinaus blasen, dann die Tür wieder zu, die Temperatur kann man etwas herunterregeln (so ca. 200 Grad) und bei Umluft etwa 5 Minuten weiterbacken, dann nachschauen wie weit die Brötchen sind, und noch ein paar Minuten bis zur gewünschten Bräune weiterbacken lassen.
So sollten in etwa sie dann ausschauen
und von unten so
wobei man sie relativ flott vom Backpapier lösen und auf einem Gitter ausdämpfen lassen sollte. Ich lege sie dabei nochmal kurz mit der Oberseite nach unten in den Backofen, um sie auch von unten knusprig zu bekommen.
Da haben wir nun einige versammelt (aus der Teigmenge bekommt man natürlich noch ein paar mehr, ich hatte aber aus dem Rest noch ein paar kleine Baguettes gezimmert)
und aufgeschnitten so
Man kann natürlich auch 2 Backbleche übereinander gleichzeitig backen.
Also der Teig eignet sich natürlich auch für andere Brote und Brötchen, und so ab und an mache ich daraus denn mal Knofelbaguette, und das geht bei uns so:
Erstmal ein paar Knoblauchzehen stifteln, leicht anrösten und etwas Salz und Kreuzkümmel drüber
ein paar weitere Knoblauchzehen durchpressen.
Wie oben geschrieben hatte ich dann ja noch 2 ausgerollte Teigstücke, jedes so ca. 15 x 15 cm, darauf dann erstmal etwas Kreuzkümmel streuen
den gepressten Knofel und die angerösteten Stückchen darauf verteilen
wie oben beschrieben locker aufrollen
und zwei baguetteähnliche Brödels daraus formen
wie die Brötchen backen (etwas länger vielleicht) und so schauen die dann aus (okay, die hatte ich optisch noch mit etwas "Brotglanz" aus dem Bäckereibedarfsversand gepimpt)
Damit's nicht gar so trocken daherkommt, noch 'nen Lammlachs in Streifen schneiden, etwas anrösten und mit Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel und Knofel würzen
die Brödels aufschneiden
das Fleisch, etwas Aioli, Krautsalat, Peperoni, Oliven usw. hineinpacken, etwas garnieren und Salatkrams dazu