das hatte ich schon fast befürchtet. Und als (nur noch) Gelegenheits-Flechtenbeobachter habe ich natürlich auch kein Paraphenylendiamin im Kühlschrank...
... und hier wieder einmal eine Flechte von Madeira: Während die meisten Flechtenpilze nur mit einer Alge zusammenleben, treibt es der Kollege aus der abgebildeten Krustenflechte Placopsis gelida gleich mit zweien: Einerseits ist er mit einer Grünalge liiert, die ihm Photosynthesprodukte (Zucker) liefert, andererseits hat er sich noch eine zweite ("Blau"-)Alge gegriffen, die ihm die benötigten Stickstoffverbindungen aus der Luft liefert. Für diese hat er eine extra Wohnung auf der Oberseite - also im Penthousebereich - eingerichtet. Man erkennt sie im Bild als braune Warzen. Wie der Name "gelida" schon erahnen lässt (lat. gelidus = eisig, in kalten Gegenden wachsend), ist die Flechte ein Kühlezeiger: Ich habe sie am Rand isländischer und norwegischer Gletscher gefunden; das abgebildete Exemplar stammt allerdings vom Gipfelbereich des höchsten Berges Madeiras, des Pico Ruivo (auf basaltischen Felsen, auf dem Weg hoch von der Achada Teixeira; schon ziemlich nahe dem Gipfelhaus). Aufnahme aus der Hand, mit einer kleinen Nikon Coolpix. mfg Ulrich
Hallo Ulrich, bevor ich es vergesse: ich war die letzten Wochen bei manchen Wanderungen von Daniel dabei. Und genau an der gleichen Stelle, an der ich schon mal diese Flechten gesehen habe, waren sie jetzt wieder, aber dieses Mal mit orange-roten Ausbeulungen (s. Fotos). Die ersten Fotos waren auf Seite 4 in diesem Thread.
wenn es den Flechten gut geht (und sie ein gewisses Alter erreicht haben), pflanzen sie sich fort (genau wie wir Tiere). Du hast also diese orangefarbenen Gebilde zu Recht als Fruchtkörper (Apothecien) angesprochen. In ihnen werden die Sporen des Pilzes gebildet - ähnlich wie bei frei lebenden Pilzen (z.B. Morcheln), bei Reife entlassen und durch Wind/Wasser verbreitet. Spannend ist die Frage, wie die Pilzspore dann ihren Algenpartner findet, damit daraus wieder eine Flechte werden kann. Bei den Schildflechten entstehen die Apothecien gewöhnlich als braune, sattelförmige Gebilde an aufsteigenden Randlappen. Dass sie in Deinem Bild orange gefärbt sind, könnte entweder an deren Jugend liegen, oder aber für diese Art charakteristisch sein. Auffällig ist auch, dass sich im abgebildeten Zustand mehrere Apothecien am Rand eines Lappens befinden. Es wäre schön, wenn Du die Peltigera im nächsten Jahr nochmals aufsuchtest und dann ein Bild mit dem dann entwickelten Zustand zeigtest. mfg Ulrich
wenn es den Flechten gut geht (und sie ein gewisses Alter erreicht haben, pflanzen sie sich fort (genau wie wir Tiere). Du hast also diese orangefarbenen Gebilde zu Recht als Fruchtkörper (Apothecien) angesprochen. In ihnen werden die Sporen des Pilzes gebildet - ähnlich wie bei frei ebenden Pilzen (z.B. Morcheln), bei Reife entlassen und durch Wind/Wasser verbreitet.. . . . . . . . Es wäre schön, wenn Du die Peltigera im nächsten Jahr nochmals aufsuchtest und dann ein Bild mit dem dann entwickelten Zustand zeigtest. mfg Ulrich
Hallo Ulrich, also versprechen kann ich noch nichts, aber ich mache mir mal einen Marker in den Kalender Gruß, bacalhau
Pilze schrecken vor nichts zurück: Selbst Kollegen aus dem gleichen Reich (Fungi - Pilze) werden parasitiert. Im vorliegenden Fall wird eine Flechte (die ja eine Symbiosegemeinschaft zwischen Pilz und Alge darstellt) aus der Gattung Sticta (Grübchenflechte) von dem Pilz Abrothallus welwitschii befallen. Das erste Bild zeigt die Flechte - vermutlich Sticta fuliginosa - Rußige Grübchenflechte (weil die Oberseite der Lappen rußig aussieht). Ich habe das Exemplar an der Levada da Serra do Faial zwischen Santo da Serra und Camacha gefunden.
Das zweite Bild zeigt die Fuchtkörper (Apothecien) des Parasiten. Sie sind schwarz und gewölbt und oft von einem grünlichen Reif bedeckt. Wie klein sie in Wirklichkeit sind, zeigt der mit eingespielte Maßstab). Ein Lager (Thallus) baut der Pilz nicht auf, weil er sich ja von der Flechte ernährt (die korallenartigen Gebilde gehören zur Flechte. Es sind Isidien, die abbrechen, zu Boden fallen und dort wieder zu neuen Flechtenlagern auskeimen können --> ungeschlechtliche Vermehrung). Sie bewirken übrigens das rußige Aussehen der Flechte.
Die winzig kleinen Apothecien des Parasiten habe nicht ich, sondern ein Lichenologenpaar aus Deutschand entdeckt und die Art bestimmt, als sie in Madeira auf Flechtensuche waren (Velvet kennt sie) - ich habe also nur fotografiert.
ist immer wieder erstaunlich, dass so versierte und renommierte Flechtenkundler eine vergleichsweise große und auffällige Blattflechte nicht sicher ansprechen können. Wohl aber einen Flechtenparasiten mit nicht einmal 0,5 mm Durchmesser. Das sollte jetzt natürlich keine ketzerische Anmerkung sein, ich kenne die Problematik. Könnte mir aber auch vorstellen, dass der eine oder andere Betrachter sich jetzt vielleicht ein wenig darübert wundert
Hallo Ulrich, zu Deinem Kommentar vom 19.08. noch ein paar Fotos. Ich war die Tage wieder in der Gegend am Pico Ruivo. Nicht genau der gleiche Standort wie im August, aber vielleicht 4 km Luftlinie entfernt und gleiche Höhe über dem Meer. Auch hier wieder diese Blaualgenflechten mit den Fruchtkörpern.
Der Weisse Fleck ist die Rückseite eines Fruchtkörper. Leider nicht ganz scharf, mein Puls war über 100.
Und hier scheinen die Fruchtkörper schon "abgebrochen" zu sein.
Ein paar andere kleine Kerlchen fand ich dazu. Diese kleinen grünen Kelche habe ich schon am alten Tunnel bei Machico gesehen. Diese hier scheinen ebenfalls Fruchtkörper gebildet zu haben. Die Kelche haben einen Durchmesser von höchstens 2 mm.
Und dann noch eine Flechte, die aussieht wie eine Koralle. Oder ist es ein Pilz? Die/der wuchs in einer Höhle ziehmlich im Dunkeln. Wahrscheinlich ist sie/er deshalb so blass. An den welken Lorbeerblättern kann man die Größe abschätzen (ca. 3 - 4 cm).
bei den oberen Bildern dürfte es sich um die gleiche Schildflechte aus der Gattung Peltigera handeln, die Du hier schon einmal vorgestellt hast. Die zwei Bilder darunter zeigen rotfrüchtige Strauchflechten aus der Gattung Cladonia. Vermutlich handelt es sich um die Vielfinger-Scharlachbecherflechte (Cladonia polydactyla; griechisch poly=viel, dactylon=Finger; so genannt, weil aus den Becherrändern Fortsätze emporwachsen, auf deren Spitzen die roten Fruchtkörper des Flechtenpilzes - Apothecien - entstehen). Im Vordergrund (etwas unscharf) noch eine weitere Cladonia aus der Verwandtschaft der Rentierflechten. Das untere Bild zeigt - wie Du richtig vermutest - einen Pilz. Dem Puls von >100 kann man übrigens ein Schnippchen schlagen: Man nehme ein gutes Stativ mit zum Pico Ruivo (4 kg zusätzliches Gewicht)! Wenn man dann oben ankommt, ist der Puls nochmals erhöht. Bis aber das Stativ aufgebaut, die Kamera montiert und ausgerichtet ist und man selbst am Boden liegt, um das Bild im Monitor/Okular zu sehen, ist er wieder ganz unten ;-). Hast Du jetzt immer noch Lust auf Flechten-Makrofotografie? :-) mfg Ulrich