Diese Gattung ist auf Madeira sehr häufig anzutreffen - insbesondere an bemoosten alten Baumstämmen im Laurisilva. Einige Arten siedeln aber auch auf dem vulkanischen Gestein. Sie sind ausgezeichnet durch (ausgewachsen) große Lager, die bis über 10 cm Durchmesser erreichen können. Auch die Lappen sind relativ breit (1-2 cm). Häufig finden sich an den Rändern ziemlich lange, schwarze Cilien. Fruchtkörper (Apothecien) kommen eher selten vor. Das erste Bild zeigt rechts eine Parmotrema. Links unten ist eine (viel schmallappigere) Heterodermia zu erkennen. Weiterhin sind Bartflechten aus der Gattung Usnea vorhanden. Das Bild wurde von mir 2012 nahe Portas da Vila im NW Madeiras gemacht.
Eine relativ leicht (auch makroskopisch) zu identifizierende Art istParmotrema crinitum. Man erkennt sie an den stiftartigen Auswüchsen (Isidien) die jeweils auf der Spitze eine schwarze Cilie tragen:
Zusätzlich noch ein stark vergrößertes Detailbild:
Unter den Parmotremen ist Parmotrema perlatum eine der am häufigsten anzutreffenden Species. Sie ist durch Bortensorale gekennzeichnet (Sorale sind Durchbrechungen der Rinde - in diesem Fall an den Lappenrändern. Sie dienen der vegetativen - ungeschlechtlichen - Fortpflanzung: Aus diesen Gebilden werden mikroskopisch kleine Algenpakete entlassen, die mit Pilzfäden "verschnürt" sind. Gelangen sie durch Wind oder Wasser auf ein geeignetes Substrat, so keimen sie zu einem neuen Exemplar dieser Art aus. Vorteil: Es werden auf diesem Weg beide Symbiose-Partner zusammen verbreitet). Im oberen Bild sitzt auf der Parmotrema noch eine Strauchflechte: Teloschistes flavicans. Das untere Bild stammt von Chao dos Louros; es zeigt die Flechte im feuchten Zustand (Algen schimmern durch die obere Rinde hindurch - daher grün). mfg Ulrich
Parmotrema robustum ist der vorigen Art sehr ähnlich, hat aber größere Lappen und kaum Cilien. Auch die Sorale sind seltener und kaum als Bortensorale ausgebildet; vielmehr befinden sie sich an den Enden von Lappenauswüchsen. Gefunden bei Chao dos Louros. mfg Ulrich
Parmotrema reticulatum sieht zwar auf den ersten Blich den vorigen ebenfalls ähnlich, unterscheidet sich aber in einem leicht kenntlichen Merkmal: Schaut man sich junge Lappen an, so entdeckt man darauf ein feines Netz (lateinisch reticulum) aus weißlichen Strichen. Dies besitzen andere Parmotremen nicht. mfg Ulrich
Während die bisher vorgestellten Parmotremen überwiegend auf Bäumen (also epiphytisch) zu finden sind, sei zum Abschluss eine epilithische (auf Gestein vorkommende) Art gezeigt. Es handelt sich um Parmotrea tinctorum, die ich besonders häufig auf der Ponta de Sao Lourenco auf nacktem Vulkangestein gefunden habe (aber nicht nur dort, sondern auch auf Lesesteinmauern etc.). Man erkennt sie leicht an den zylindrischen bis kugeligen Isidien, die die Oberseite der Lappen bedecken (siehe auch großes Bild; dort kann man auch die "Narben" sehen, wo Isidien bereits abgebrochen sind). Es handelt sich dabei um Organe, die der ungeschlechtlichen Vermehrung der Flechte dienen: Sie brechen an einer Sollbruchstelle direkt über der Rindenschicht der Lappen leicht ab und werden durch Wind oder Wasser transportiert, um sich an geeigneter Stelle wieder zu einem neuen Individuum dieser Art zu entwickeln. mfg Ulrich
Damit beende ich meinen kleinen Exkurs zu den Parmotrema-Arten und werde hoffentlich Zustimmung erhalten, wenn ich sage, dass sie sich untereinander ziemlich ähneln (und daher recht schwer bestimmbar sind).
Dieses Mal geht es hoch hinauf: Knapp unterhalb des Ruivo-Hauses (auf dem Weg zur Achada do Teixeira) findet sich diese Pustelflechte (Lasallia pustulata) an den basaltischen Felsen. Man erkennt die Art leicht an den blasenartigen Aufwölbungen und an den schwarzen, korallenartigen Gebilden (Isidien). Sie bevorzugt sonnige, silikatische Felsen. mfg Ulrich
ich möchte mich an dieser Stelle mal ganz herzlich für die vielen hervorragenden Abbildungen bedanken. Vor allem die Schärfentiefe ist wirklich beeindruckend, da macht sich das "Stacking" schon bezahlt. Obwohl ich zugeben muss, dass mir die Geduld dafür im höchsten Maße fehlt. Ich hoffe aber, dass die zukünftigen Kameras das irgendwann mal auch automatisch erledigen. Habe gelesen, dass es eine Stacking-Funktion bei zumindest einer kleineren Kompaktkamera schon gibt. Bleibt zu hoffen, dass die "Größeren" das auch irgendwann mal von alleine können. Damit meine ich allerdings nur die Serienbild-Aufnahme, das "Verrechnen" der Bilder sollte schon ein spezielles Programm auf dem PC erledigen.
Aber eigentlich wollte ich mal auf dein Angebot zurück kommen, das sich auf Fragen zu Flechten bezog. Wenn man vom Fanal (die uralten Stinklorbeerbäume) weiter hoch zur Paul da Serra fährt, passiert man mehrere Erd- und Felsaufschlüsse, die stellenweise weiß "getüncht" sind, als wenn dort Schnee läge. Wenn man anhält und sich das ganze näher anschaut, entpuppen sich diese weißen Überzüge als größere Vorkommen von Korallenflechten (Gattung Stereocaulon). Ich bin mir hinsichtlich der Bestimmungsschwierigkeiten von Korallenflechten aus eigener Erfahrung schmerzlich bewußt. Und anhand von unscharfen Fotos geht das schon gar nicht. Aber es könnte ja sein, dass Du diese Standorte kennst und die betreffende Flechte auch schon mal bestimmt hast...
Sie ist übrigens häufiger mit einer Krustenflechte vergesellschaftet, die ich als Braune Köpfchenflechte (Baeomyces rufus) ansprechen würde. Leider sieht man auf dem ebenfalls nicht ganz scharfen Foto, dass die braunen Fruchtkörper stellenweise deutlich gestielt sind.
Würde mich jedenfalls über schärfere Fotos deinerseits freuen...
beim unteren Bild handelt es sich in der Tat um Baeomyces rufus.
Bei den Stereocaulon-Bildern sieht es schwieriger aus. Ich denke auch, dass es sich um zwei Arten handelt. In meinem Herbar habe ich soeben nachgeschaut und eine Stereocaulon vom 3.10.1993 entdeckt. Fundort: Weg von der Paul da Serra zum Fanal; am Pico da Selhada (1400 m ü. NN); auf basaltischem Gestein. Das sieht also Deinem Fundort ähnlich. Wie die meisten Funde aus dieser Gattung ist die Probe bisher unbestimmt. Ich werde sie heute zu unserem 14tägigen Flechtenbestimmungsabend mitnehmen. Vielleicht bekommen wir die Art heraus. mfg Ulrich
Hallo Velvet, leider war unser gestriger Bestimmungsversuch nicht von Erfolg gekrönt: Die chemischen Reaktionen (v.a. die Farbreaktion mit Paraphenylendiamin) war so schwach, das wir nicht endgültig sagen konnten, ob es Gelb oder Orange war. (Das ist übrigens bei Stereocaulon oft so). Ich werde es hier zu Hause nochmals versuchen, sehe aber wenig Hoffnung für meine Probe. Sollte ich sie bestimmen können, heißt das noch nicht unbedingt, dass Deine Exemplare zur gleichen Art gehören ... also schwierig. mfg Ulrich
Hallo Velvet, trotz zusätzlicher Konsultation weiterer Bestimmungsbücher bin ich weder bei Deinem noch bei meinem Stereocaulon weiter gekommen. Bei Deinem fehlen einfach zu viele Informationen, die man vom Bild nicht gewinnen kann (z.B. Farbreaktion mit K, KC und P; Äste dorsiventral gebaut oder nach allen Seiten gleich? Filz vorhanden oder nicht? Sorediös oder nicht? Cephalodien vorhanden? Genaue Form der kleinen Läppchen). Das alles kann ich zwar bei meiner Probe bestimmen, dennoch komme ich nicht weiter.
25.6.2014: Nach nochmaliger Überprüfung nenne ich sie Stereocaulon dactylophyllum (sie kommt auch in Mitteleuropa vor und heißt bei uns "Fingerblättrige Korallenflechte"). Auf eine Begründung meiner Diagnose verzichte ich vorsichtshalber, weil es ein paar Ungereimtheiten gibt ... vielleicht ist es ja ein untypisches Exemplar -:). mfg Ulrich