21.05.25 21:29
Marlowe  Madeira-Natternkopf

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Bin schon sehr lange bei euch, dennoch jetzt erst mit euch.
Hallo zusammen,
Iris (die sympathische und sehr engagierte Adminin; schreibt man das so? ) hat mir nahegelegt, meinen Beitrag aus dem Thread "Wie seht ihr den Weg der Insel Madeira in den nächsten Jahren" hierher zu verlegen.
Diesen Thread hatte ich trotz Suche nicht gefunden.
Also dann...
Hallo zusammen,
zunächst meinen herzlichen Dank an historische und aktuelle Betreiber dieses Forums und an die offenbar recht entspannte Gemeinschaft der Dauer-Mitglieder! Ich lese hier schon seit vielen Jahren als Gast mit, hatte mich jedoch bisher nicht angemeldet. Ich werde euch also erhalten bleiben und nicht schon in Kürze als „nicht registriert“ erscheinen (es sei denn, das Schicksal pustet mir mein Lebenslicht vorzeitig aus).
Meine Liebe zu Madeira entstammt der Zeit, als die Beatles-Yacht noch im Hafen lag (also schon ein Weilchen her :-) ). Mit meiner damaligen Lebensgefährtin hatte ich eine Hochzeitsreise unternommen (obwohl wir auf die Hochzeit doch lieber verzichtet hatten). Unsere Basis war das Hotel Porto Santa Maria (Stammpublikum: wohlsituierte Engländer), von wo aus wir im Herbst täglich nach einem fürstlichen Frühstück den ganzen Tag und Abend auf eigene Faust die Insel möglichst abseits ausgetretener Pfade erkundet haben. Das Hotel grenzt zwar an ein geschäftiges Viertel, ist aber trotzdem eine schöne ruhige Oase. Den Pool haben wir aber gänzlich den anderen Gästen überlassen (rumliegen kann man auch zuhause ;-) ). Unsere Touren: - Zuerst ging es mit der Seilbahn rauf zum Monte; zurück dann zu Fuß durch den Wald über einen Weg, der fast nur aus einer „Knüppeltreppe“ bestand (Stufenhöhen bis zu 35 cm) – der zweitschlimmste Muskelkater meines Lebens. - Mit dem Bus zum Cabo Girao und zu Fuß mehr oder weniger Luftlinie zurück nach Funchal mit teils erschreckenden optischen (Bausubstanz) und olfaktorischen (Müll) Eindrücken von der Lebensrealität der Einheimischen. - Einen herrlichen Tag haben wir mit einer ausgiebigen Wanderung im Nonnental verbracht. - Eine Levada-Tour ging zum Kraftwerk hoch und zurück; eine weitere war ein ganztägiger Rundkurs von Funchal ausgehend (mit nur zwei oder drei Begegnungen mit anderen Wanderern). - Die Drei-Gipfel-Tour haben wir allerdings mit Führer und Bus für die Rückfahrt gemacht. Wir hatten traumhaft klares Wetter, fast schon zu warm, und freien Blick auf die Ilhas Desertas. Auch hier war unsere Gruppe eine von ganz wenigen, die unterwegs waren. - Dann auch nochmal quer Feld ein (bzw. „quer Hang ein“) von Funchal bis nach Garajau. - Dazu noch diverse Besichtigungen in und um Funchal.
An den Abenden haben wir die Herzlichkeit kleinerer Restaurants genossen. Ein paar Floskeln und Bezeichnungen sollte man als Tourist zur Vorbereitung immer vorab lernen – dann klappt es auch mit den Einheimischen. Eine schlichte Entschuldigung auf Portugiesisch, dass man die Landessprache nicht spricht (oder nicht gut spricht) öffnet die Herzen. So funktioniert das fast überall auf der Welt. Und heutige Technik erleichtert das Lernen und die Kommunikation sowieso gewaltig. Verglichen mit einigen anderen Aktiv-Urlauben (Langstrecken an Land oder zu Wasser mit Rucksack oder Kajak, archäologische Entdeckungsreise auf Malta, Aktiv-Urlaub an der Gironde-Mündung), war dieser Urlaub auf Madeira die Krönung meiner Urlaube. Manches sehe ich noch vor meinem inneren Auge. Ich schwärme oft von Madeira …
Sehe ich nun die aktuellen Bilder, überfällt mich etwas Wehmut. Doch das ist wohl das Los des Alterns. Als ich zur Welt kam, lag die Weltbevölkerung noch ganz knapp vor der Drei-Milliarden-Grenze – jetzt sind wir fast acht Milliarden. Das ist eine Steigerung auf das 2,66-fache innerhalb meiner bisherigen Lebensspanne. Und: irgendwo müssen die Menschen ja hin. Problematisch wird es auf den „Inseln der Sehnsucht“, aber auch auf dem Festland, wo die Landschaft den Wohnraum begrenzt (Küstenstreifen am Hang, Tallagen, Dürregebiete usw.). Den Bau-Boom auf Madeira, besonders in Funchal betrachte auch ich mit Sorge, besonders, wenn Grundstücke in Randzonen mit Denkmal-Charakter oder mit reizvollen Grundstücken damit beworben werden, dass sie zusätzlich bebaut werden dürfen. Auch die Verdrängung Einheimischer durch den Wohnungsmarkt sehr ich sehr kritisch. Ich sage es mal platt: offenbar verschwinden die Bananen aus der sogenannten „Bananen-Zone“ nach und nach gänzlich. Der Charme gewachsener, begrünter Viertel geht auf diese Weise verloren.
Wenn man so aufgewachsen ist, wie ich (born and raised in Canada), schätzt man einerseits Gemeinschaft, andererseits aber auch die sogenannte „Individual-Distanz“. Dem widerspricht das Leben in einem der neuen „Luxus-Schuhkartons“ von Funchal mit absehbarem Baulärm in der Nachbarschaft auf Jahre hinaus. Die ruhigen Lagen von Funchal mit angenehmer Grundstücksgröße (mit Kultur und Infrastruktur in sinnvoller Reichweite) sind wohl außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten.
Also doch die kleine Hütte mit Seezugang in Neufundland? Nö, dafür bin ich zu alt und auch zu europäisch geworden. Und ein wenig wärmer brauchen meine Gräten es mittlerweile auch ;-) Ich träume also weiter.
(Nochmal kurz bearbeitet - damit Smileys lesbar werden).
Viele Grüße und lasst es euch gut gehen! Toni
Zuletzt bearbeitet am 21.05.25 21:34
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