Anlässlich unserer "Levadaforschungsreise" anfangs August war ich immer wieder von der Doppelfunktion der Wassernutzung auf Madeira fasziniert. Das Wasser wird schon seit Jahrhunderten mit grossem Aufwand und atemberaubenden Bauten von der Nord- zur Südseite transportiert und diente lange nur der Bewässerung der Nutzflächen. Zusätzlich werden heute auf den Wasserwegen Kraftwerke dazwischen geschaltet, um die Wasserenergie in Strom umzuwandeln. Das ist natürlich für eine Bergziege wie mich ein gefundenes Fressen und das musste natürlich alles genau erforscht werden. Mich beschäftigte auch, wie bedeutend der Anteil der Wasserkraft an der gesamten Energieproduktion Madeiras ist. Als Autofahrer fallen höchstens die Druckleitungen vom Encumeada-Pass zur Power-Station in Serra de Agua auf, sonst sieht man natürlich die riesigen Windturbinen auf der Paul und möglicherweise die Solarpaneels bei Canical. Die Wasserkraftwerke muss man sich erlaufen. Seit meinem Urlaub versuche ich diesen Dingen auf den Grund zu gehen, verschiedene Beobachtungen in einen grösseren Kontext zu stellen und Madeira zu verstehen. Logisch, der Strom kommt aus der Steckdose. Aber als Fan der Wasserenergie, als Kernkraftkritiker und Alternativenergiefreak fragt man sich schon, wie kommt der Strom in die Steckdose, gerade auf einer Insel. Der Bericht von MacMurphy hat mich angespornt, im Internet zu forschen, und ich bin auch fündig geworden, allerdings wars nicht ganz einfach. Falls es überhaupt jemanden interessiert, könnte ich eine kleine Energiedebatte starten mit mehrern Teilberichten zu folgenden Themen:
- Wie sieht die Stromversorgung 2012 aus? Welchen Anteil haben Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie? Wie wird die Stromlücke geschlossen? - Was sind die energiepolitischen Ziele bis 2020? - Wie und wo wird Strom aus Wasserkraft gewonnen? - Gibt es Energieprojekte für die Zukunft? - Weitere Ideen werden sicher folgen.
Das ganze ist einerseits vielleicht etwas technisch, andererseits aber auch ökologisch und für die Zukunft Madeiras (und der ganzen Welt) von enormer Wichtigkeit. Und als Einheimischer wie als Touri wäre es schon interessant zu wissen: Woher kommt der Strom auf Madeira?
Ich will mich ja aber auch nicht aufdrängen, wenn es niemanden interessiert, habe ich genügend andere private Projekte , denen ich mich widmen kann. Ich bin auch nicht Weltverbesserer oder Lehrer, der sein Wissen vermitteln muss.
Ich warte also mal gespannt auf ein Echo von Eurer Seite.
Einen schönen Tag
Daniel
24.08.12 07:04
wauzih
nicht registriert
Re: Woher kommt der Strom auf Madeira?
Hallo Daniel, also mit mir hast Du schon mal einen Interessierten. Ich kenne zwar von der Materie nicht viel, aber wir sind schon ein paarmal um die Wasserkraftwerke von Noguieira, Calheta und Ribeira da Janela geschnüffelt. Zu dem in Serra de Agua sind wir noch nicht gekommen, und auch die jeweiligen Anteile an der Versorgungskapazitäten hält meinereiner für ziemlich interessant. *schön's Grüß'le* das wauzih
ich finde das Thema "Stromerzeugung und Stromverbrauch auf Madeira" auch interessant.
In deiner Einleitung hast du IMHO eine fehlerhafte zeitliche Zuordnung: die Stollen-Levadas vom Norden in den Süden sind (mit 2 Ausnahmen) erst im letzten Jahrhundert nach dem 2. Weltkrieg gebaut worden und dienten von Anfang an zur Erzeugung von Strom aus Wasserkraft (Central Hidroelectrica da Ribeira da Janela, Central Hidroelectrica da Calheta 1, Central Hidroelectrica do Lombo do Brasil, Central Hidroelectrica de Calheta 2, Central Electrica da Serra de Aqua, Central Hidroelectrica dos Socorridos, Central da Faja da Nogueira).
Ich unterscheide 3 Phasen der Levadas auf Madeira. - Downhill-Levadas zur Bewässerung im Süden und Osten - Horizontale Levadas zur Bewässerung im Süden und Osten - Stollen-Levadas zur Stromerzeugung und Bewässerung/Wasserversorgung von Funchal
Derzeit wird AFAIK der Grossteils des Stroms (ca 70%) aus Diesel-Aggregaten erzeugt. Die Wind-Turbinen und ein wenig Photovoltaik sind erst im Aufbau.
meine Zahlen sind nicht mehr so aktuell. Vor etwa 10 Jahren waren es bis ca. 40% Wasserkraft (reicht für die Grundlast), 6-7% Windkraft und der Rest zu Stoßzeiten Diesel. Wasserkraft dürfte sich kaum verändert haben, da keine neuen Kraftwerke dazugekommen sind. Wind evtl. etwas mehr, in geringem Maße dürfte jetzt auch Solarenergie zur Versorgung beitragen. Bis vor einigen Jahren galten 40% aus alternativen Quellen als die Obergrenze, man braucht für ein stabiles Netz halt immer noch eine Maschine, die sich kontrolliert dreht. Da war man auf Madeira schon ganz gut. Das Problem ist immer noch die Speicherung der überschüssigen Energie aus Wind, Wasser und Sonne. Wie weit man da aktuell ist, kann ich nicht zuverlässig sagen, vielleicht kennt jemand anders hier im Forum den technischen Stand der Dinge.
Grüße Olivada
Zuletzt bearbeitet am 24.08.12 07:38
24.08.12 08:13
MacMurphy
nicht registriert
Re: Woher kommt der Strom auf Madeira?
Hallo Super Daniel, das ist eine gute Idee. Ich halte gerade meine Stromrechnung in der Hand und da ist ja eine Auflistung der verschiedenen Energiequellen drauf.
Termica (Gas/Diesel) 73,1%, Wasser 13,5% Wind 8% Müllverbrennung 3,8% Fotovoltaik 1,5% Diese Zahlen sind aus dem Jahr 2011.
Tante Edit: Schau mal unter http:/www.eem.pt/index.php?option=conte...&Itemid=212 Dort findest du unter anderem pdf Files mit genauen Stromangaben.
Noch mal edit: Ich habe irgendwo gelesen das Madeira bis zum Jahr 2022 seinen Strombedarf komplett aus wiedererneuerbaren Quellen bekommen will. Bis 2015 sollen schon 50% daher kommen. Villeicht kann das jemand noch bestätigen.
Zuletzt bearbeitet am 24.08.12 09:34
24.08.12 14:52
Lilie
nicht registriert
Re: Woher kommt der Strom auf Madeira?
Olá - und danke für die Daten Macmurphy!
War gerade dabei mir das Hirn zu zermartern wo ich die Statistik der Energiequellen unlängst gesehen haben könnte. Hatte fälschlicherweise auf Tageszeitung getippt. Wäre schön, wenn jedes neue Haus mit Solarzellen zur Strom-/Heißwassergewinnung bestückt sein müsste. Vielleicht kannst du ja in deiner Nachbarschaft ein wenig Missionarsarbeit diesbezüglich leisten.
24.08.12 15:06
Velvet
nicht registriert
Re: Woher kommt der Strom auf Madeira?
Hallo,
hier ein Auszug aus dem Artikel der Madeira Zeitung:
Zu guter Letzt tritt ab Sommer 2008 landesweit eine Veränderung in Kraft, die alle Neubauten auf eigene Kosten zur Warmwasseraufbereitung per Solarenergie verdonnert. Für Altbauten, die aus eigenem Antrieb auf Solarenergie umrüsten, hat der Staat die Zuschüsse gestrichen. Aber die Investitionskosten sind auf Madeira soweit gesunken, daß schon nach wenigen Jahren die Sonne heißes Wasser umsonst in die Badewanne schüttet. Einschließlich Logistik, Montage und Zweijahresgarantie kostet eine Warmwasseraufbereitungsanlage für einen Haushalt von vier oder mehr Personen zwischen 2750 € und 3300 €.
ja genau, auf der von MacMurphy genannten Website der "electricdade" eem.pt findet man wirklich so ziemlich alle Infos zu dem Thema, auf Portugiesisch natürlich.
Besonders interessant fand ich schon immer die Informationen über die Levadas. Dazu links auf "os nossos servicos", dann auf "producao" klicken. Dort findet man die ganzen Infos über die Wasserkaftwerke, Baujahr, Leistung, die zuliefernden Levadas , Tunnellängen usw. Das Kraftwerk von Ribeira da Janela war schon zu Beginn so angelegt, dass das Wasser nur zum Antreiben der Turbinen dient, danach fliesst es ins Meer. Im Norden brauchen sie ja auch weniger künstliche Bewässerung, da es einerseits mehr regnet und andererseits nicht soviel Anbaufläche vorhanden ist.
Klar, zu den Windparks gibt es da auch die Einzelheiten.
Der Umweltschützer Quintal schlägt ja schon seit Jahren vor, dass man dass ganze unerwünschte Grünzeug (Unterholz,Ernterückstände etc), das immer wieder völlig nutzlos unkontrolliert abgefackelt wird, doch viel besser zur Energiegewinnung nutzen könnte. In Deutschland ist niemand scharf darauf, Holz in steileren Hanglagen zu machen, und das sehe ich hier auch schon als ziemlich schwierig an. Auch das Herausziehen von Windbruch ist für den Durchschnittsbürger doch kaum zu leisten. Da müsste von der Regierung wohl etwas Unterstützung kommen.
Schade ist die Verhärtung der politischen Fronten. Ich habe nicht den Eindruck, dass Argumente des politischen Gegners sachlich geprüft werden.
Jedenfalls hat Madeira mit Wind, Sonne , Wasserkaft usw. schon ganz gute Voraussetzungen für mehr Energieautarkie.
Von der Electricidade da Madeira liegen die folgenden Zahlen und Prognosen vor:
Strom-Mix absolut
und relativ
Das heisst, dass im Moment ca. 72% des Stromes mit Diesel-Kraftwerken, 14% mit Wasserkraft, 8% mit Wind, ca 3% mit Abfallverbrennung und 4% mit Photovoltaik erzeugt werden.
Hier stehen die Strromerzeuger:
Ich denke, wir konzentrieren uns im Moment auf die Wasserkraftwerke:
Die Werke Ribeira da Janela, Calheta I und II, Serra de Agua und Faja da Nogueira sind technologisch etwas veraltet, d.h. sie sind reine Stromproduzenten ohne die Möglichkeit, überschüssigen Strom zu speichern. Das war auch das heute grösste Kraftwerk Soccoridos bis 2006 auch. Im Klartext heistt das: Das Wasser wird nach der Energiegewinnung in den Generatoren entweder ins Meer (Ribeira da Janela) oder in die tieferliegenden Levadas geleitet.
Wenn man die erste und zweite Grafik betrachtet, sieht man die Zunahme des Anteils der Wasserkraft zwischen 2004 und 2006. Grund dafür war der Ausbau des Soccoridos-Werkes zu einem Pumpspeicherkraftwerk in dieser Zeit. Vor 2006
Aus einer Zuleitung von der Levada do Norte unterhalb von Serra de Agua und einem kleineren Zufluss aus dem Nonnental wurde das Wasser über Covao nach Socorridos geleitet. Nachteil: Abhängigkeit vom jahreszeitlichen Wasserangebot. Leistung 24MW
Nach 2006:
In Covao wurde ein Oberes Reservoir in 5 Tunnels gebaut (Speicherkapazität 40000m3) In Socorridos wurde eine Auffanggalerie mit 40000m3 Kapazität gebaut, um das Wasser nach dem Turbinenhaus aufzufangen. In Socorridos wurden 4 Pumpen gebaut, die das Wasser vom unteren ins obere Reservoir zurückpumpen können. Die Levada do Norte und die Levadas um den Encumeada-Pass wurden verstärkt, um auch hier durch Hochpumpen etwa 45000m3 Wasser zu speichern. Das könnte auch der Grund für die Bautätigkeit an der Rabacas-Levada, die Zufahrtstrasse von der Strasse vom Pass zur Paul da Serra und die Transportseilbahn zum Eingang des langen Rabacas-Tunnels sein.
Durch den Bau dieses Pumpspeicherkraftwerkes ist es möglich, Strom aus allfälligen Überkapazitäten oder in den Zeiten mit weniger Stromverbrauch zu speichern.
Wir spüren das im Moment auch in der Schweiz: In den Mittagsstunden produzieren die deutschen Photovoltaik-Anlagen so viel Strom, dass der Strompreis zusammenbricht. Diese Überkapazitäten können in Pumpspeicherwerken in den Alpen gespeichert werden (Batterieeffekt).
Soviel zu Socorridos-Kraftwerk. Das sollte im Moment an Facts reichen.
Was ich noch weiter rausgefunden habe: Es ist bis 2020 ein grosses Kraftwerh Calheta III geplant. Dazu in einem späteren Bericht.
ich finde das Thema "Stromerzeugung und Stromverbrauch auf Madeira" auch interessant.
In deiner Einleitung hast du IMHO eine fehlerhafte zeitliche Zuordnung: die Stollen-Levadas vom Norden in den Süden sind (mit 2 Ausnahmen) erst im letzten Jahrhundert nach dem 2. Weltkrieg gebaut worden und dienten von Anfang an zur Erzeugung von Strom aus Wasserkraft (Central Hidroelectrica da Ribeira da Janela, Central Hidroelectrica da Calheta 1, Central Hidroelectrica do Lombo do Brasil, Central Hidroelectrica de Calheta 2, Central Electrica da Serra de Aqua, Central Hidroelectrica dos Socorridos, Central da Faja da Nogueira).
Ich unterscheide 3 Phasen der Levadas auf Madeira. - Downhill-Levadas zur Bewässerung im Süden und Osten - Horizontale Levadas zur Bewässerung im Süden und Osten - Stollen-Levadas zur Stromerzeugung und Bewässerung/Wasserversorgung von Funchal
Derzeit wird AFAIK der Grossteils des Stroms (ca 70%) aus Diesel-Aggregaten erzeugt. Die Wind-Turbinen und ein wenig Photovoltaik sind erst im Aufbau.
Grüsse Anton
Lieber Anton
Ich suche schon lange nach einem Buch/einer Internetseite über Geschichte und Hintergründe über die Levadas in Madeira. Kannst Du mir helfen?